Schwankungen im Salicylatgehalt
Der Salicylatgehalt von Lebensmitteln hängt von zahlreichen Faktoren ab und variiert stark. Salizylsäure ist ursprünglich ein rein pflanzlicher Stoff, der in ätherischen Ölen und als Hormon in Blättern, Blüten und Wurzeln, aber auch in der Rinde verschiedener Pflanzen vorkommt. Der Gehalt hängt ab von Pflanzenart/-sorte, Pflanzenteil (Blatt, Frucht, Samen), Anbauweise und Umweltstress. So zeigen Pflanzen unter Schädlingsbefall oder anderen Stressoren oft höhere Salicylatwerte, da Salicylat eine Rolle in der pflanzlichen Abwehr spielt. Je mehr Stress eine Pflanze hat, desto mehr Salicylat produziert sie. Auch die Lagerung und Verarbeitung können den Salicylatgehalt beeinflussen. Beispielsweise gehen Salicylate beim Kochen mancher Gemüse teilweise ins Kochwasser über (kann entsorgt werden), während Trocknen oder Einkochen die Konzentration erhöhen kann (da Wasser entzogen wird). Das bedeutet: Tabellen mit Salicylatgehalten sind stets nur Richtwerte. Ein salicylatarmes Lebensmittel kann in einer anderen Saison oder Region höhere Werte haben und umgekehrt. Daher ist bei strikter Diät immer eine gewisse Vorsicht und individuelle Beobachtung geboten. All diese Faktoren führen dazu, dass die Verträglichkeit von Lebensmitteln von dieser Liste abweichen kann.
Ich habe in meiner Suche nach Salicylatgehalten zahlreiche wissenschaftliche Studien, Bücher, Websites und eine App einbezogen. Die Angaben darin schwanken unheimlich stark. Das liegt vermutlich einerseits an den oben genannten Faktoren, an den unterschiedlichen Messmethoden und auch an den teils ungenauen Angaben. Oft fehlen Informationen: Wurden die Zutaten gekocht oder roh gemessen? Wurden Früchte und Gemüse geschält oder nicht? Handelt es sich um biologische Lebensmittel oder nicht? Waren die Lebensmittel frisch oder nicht? Waren sie gefroren oder nicht? Gekocht oder nicht? Oft steht nur "Potatoe" oder "Apple".
Deshalb ist es wichtig, dass du selbst Lebensmittel vorsichtig testest, auch wenn ein Lebensmittel auf der Liste grün eingestuft ist. Die Liste ist nur ein Richtwert.
Weitere Verträglichkeitsfaktoren
Auch die eigene Tagesform muss berücksichtigt werden. Haben wir gerade einen Tag mit viel Stress, sind wir krank oder sind wir umweltbedingten Salicylaten ausgesetzt (Duftstoffe, Putzmittel oder Hygieneartikel), dann beeinflusst das unsere Toleranz für Salicylate in der Nahrung. Salicylate können auch über die Haut und über die Nase als Duftstoffe (z. B. ätherische Öle) aufgenommen werden. All das trägt zum Salicylat-Spiegel in unserem Organismus bei. Wird unsere Toleranzgrenze überschritten, treten die typischen Symptome auf. Wenn wir unter einer starken Intoleranz leiden, müssen wir unser ganzes Lebensumfeld einbeziehen.
Empfohlen wird ein personalisierter Ernährungsplan (Keszycka et al., 2021). Auch eine neuere Studie (Jura-Szoltys et al., 2025) bestätigt die Wirksamkeit einer salicylatarmen Diät. Neben medikamentösen Behandlungen ist das derzeit der einzige bekannte Weg, um die Symptome in den Griff zu bekommen. Ich empfehle dazu auch ein Symptom- und Ernährungstagebuch. Wenn du nach einem längeren Zeitraum keinerlei Verbesserung feststellst, solltest du andere Lebensmittel-Intoleranzen testen und weitere Ursachen abklären. Ich empfehle auch, regelmässig die Mineralstoff- und Vitaminspiegel zu testen, da wir schnell und unwissentlich in Mangelzustände geraten können. Sprecht euren personalisierten Plan mit einer Ernährungsexpert:in ab, ob alle nötigen Nährstoffe enthalten sind.
Häufig besteht aufgrund der Salicylat-Intoleranz oder sonst in Verbindung damit eine Histamin-Intoleranz. Darum ist ebenfalls die Verträglichkeit bei HIT abgebildet.
Konventionell vs. Biologisch
Konventionell angebaute Gemüse und Früchte enthalten weniger Salicylate, weil die Pflanzen weniger Stress durchleben. Aber manche konventionell angebauten Lebensmittel in Europa (oder importierte Lebensmittel aus anderen Kontinenten) werden zur Konservierung mit Salicylat oder Benzoesäure besprüht: Citrusfrüchte (z.B. Orangen, Mandarinen, Grapefruit), Süsskirschen, Feigen, Tafeltrauben, Erdbeeren, Tomaten, Pflaumen, Sandbirnen, Kiwis, Mangos, Avocados, Himbeeren, Paprika, Pfirsiche, Nektarinen, Granatäpfel, und Bananen sowie vorgeschnittene Äpfel und Birnen. Ich esse deshalb fast ausschliesslich biologische Lebensmittel. Zusätzlich sind die in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzten Herbizide, Fungizide und Pestizide schädlich für unsere Darmbakterien und Darmpilze. Bei einem Darm, der bereits durch Salicylat-Intoleranz empfindlich ist, kann das zu weiteren Problemen führen.
Tierische Produkte
Fleisch enthält von sich aus kein Salicylat, jedoch kann durch die Ernährung des Tieres oder durch medikamentöse Behandlung trotzdem Salicylat im Fleisch enthalten sein (dies wird durch einige Studien nachgewiesen, die Sharla Race in ihrem Buch auflistet). Ich vermute, dass eine naturnahe Tierhaltung ohne Medikamente, künstliche Nährstoffe und chemische Zusatzstoffe den Salicyatgehalt senkt. Wiesennahrung enthält aber eventuell mehr natürliches Salicylat (es sei denn, der gesamte Salicylatanteil wird vom Tier verstoffwechselt). Bei der Milchsäuregärung entsteht Benzoesäure (Sieber et al., 1995). Dies betrifft Produkte wie Joghurt, Quark, Käse und alle weiteren fermentierten Milchprodukte. Bitte beachtet, dass verarbeitete Lebensmittel wie Wurst, Schinken, Trockenfleisch, Fleisch mit Marinade oder Sosse, Käse mit Kräutern usw. alle Salicylate in verschiedenen Formen als Zusatzstoffe enthalten können. Auch Eier können produktionsbedingt Salicylat enthalten. Vermeide am besten die typischen E-Nummern bei Fertigprodukten.
Verarbeitete Produkte
Ich habe keine Lebensmittel wie z. B. 'ein Brownie' aufgelistet, da diese je nach Herstellung verschiedene Zutaten enthalten können. Wenn du verarbeitete Lebensmittel kaufst, lies bitte die Verpackungsangaben und kontrolliere die einzelnen Zutaten. Ich persönlich vertrage keine verarbeiteten Lebensmittel, koche nur selbst oder gebe klare Instruktionen weiter, wenn ich bei Freunden esse. Wenn du aber nur eine leichte Intoleranz hast, kannst du auch verarbeitete Lebensmittel testen. Beachte, dass Verpackungen manchmal mit Salicylat besprüht werden, um die Konservierung zu gewährleisten.
Salicylate reduzieren
Auch hier sind die Forschungsergebnisse widersprüchlich. In Chiang et al. (2018) hatten die Nahrungsmittel nach dem Kochen mehr Salicylat. Sharla Race meint dazu, dass das wegen der erhöhten Konzentration/Volumenverlust sei. Bei Keszycka et al. (2017) führte Kochen zu einer Salicylatreduktion von rund 50%. Dies entspricht auch meiner eigenen Erfahrung: Ich vertrage Gemüse besser, wenn es gekocht ist.
Salicylat ist vor allem aussen an der Pflanze. Wir können die Lebensmittel schälen, bei denen das möglich ist, z. B. bei Äpfeln und Birnen, und wir können die äusseren sowie angefressenen Blätter vermeiden, die mehr Salicylat enthalten (Salat, Kohl, usw.). Einige Teilnehmer:innen eines Salicylatforums wässern Lebensmittel wie Reis und Kartoffeln für einige Stunden vor dem Kochen. Ich habe damit keinen grossen Unterschied feststellen können (ausserdem werden andere nahrhafte Stoffe ausgeschwemmt). Vielleicht ist der Effekt grösser, wenn das Wasser kocht.
Reaktionen auf andere Stoffe
Es gibt einige Stoffe, die eine ähnliche chemische Struktur wie Salicylat aufweisen. Salicylat ist eine Art der Benzoesäure, hat eine OH-Gruppe (macht es zu einem phenol-artigen Stoff) und eine Säuregruppe (Carboxylgruppe COOH). Stoffe, die eine ähnliche chemische Struktur aufweisen, können bei Salicylat-Intoleranz für Symptome sorgen. Dies betrifft v. a. sekundäre Pflanzenstoffe. Dazu gehören z.B. Polyphenole der Hydroxyzimtsäuregruppe (z.B. Ferulasäure, Kaffeesäure, p-Cumarinsäure, Rosmarinsäure und weitere) oder Gallussäure und Ellagsäure. Auch Reaktionen auf Flavonoide (eine Untergruppe der Polyphenole) wie Quercetin, Rutin, Luteolin und Taxifolin sind möglich. Das ist etwa der Grund, weshalb viele Betroffene kein Olivenöl vertragen. Oliven enthalten nach neuerer Forschung kaum Salicylat, aber viele sekundäre Pflanzenstoffe, die Symptome auslösen können. Wir sollten also diese Stoffe bei der Lebensmittelauswahl einbeziehen.
Auch Senfölglycoside (Schärfe in Gemüse z. B. bei Meerrettich) können Symptome auslösen. Sogar organische Säuren (z. B. Essigsäure, Weinsäure) werden von Prof. Raithel als Stoffe aufgeführt, auf die Betroffene reagieren können. Hier gilt ebenfalls Vorsicht.
Polyphenole sind deshalb zusätzlich in der Liste aufgeführt. Bei den Polyphenolen, Flavonoiden, Senfölglycosiden und organischen Säuren habe ich nur die auffällig hohen Gehalte markiert. Wenn du genaue Angaben über den Polyphenol-Gehalt möchtest, nutze http://phenol-explorer.eu. Denk daran, dass der Gehalt je nach Anbau, Klima, Lagerung usw. ebenfalls wie bei Salicylat variiert.
Manchmal wird angegeben, dass wir auf Folsäure reagieren, da sie Benzoesäure enthält. Das ist aber nicht richtig. Der Benzoesäure-Teil in Folsäure ist in der Mitte des Moleküls fest als Amid (Benzamid) verbaut. Somit kann sich das Molekül gar nicht mehr wie eine Benzoesäure verhalten. Die Ursachen einer Unverträglichkeit gegenüber Folsäure könnten stattdessen z. B. in einem gestörten Methylierungkreislauf liegen.
Fazit
Salicylat-Intoleranz ist eine grosse Herausforderung. Da viele Faktoren beeinflussen, wie viel Salicylat in unsere Ernährung kommt, braucht es viel Vorsicht. Versuche deshalb langsam, minutiös und geduldig Lebensmittel zu testen, bis du deine Baseline-Ernährung gefunden hast, bei der du beinahe symptomfrei leben kannst. Nimm Rückfälle und Rückschritte in Kauf und geh wieder einige Schritte zurück, bevor du weitermachst. Bleib ruhig und gelassen, wie ein:e Wissenschaftler:in bei der Arbeit. Nimm deine Erfahrungen ernst, auch wenn sie von den Erfahrungen von anderen oder den Angaben in dieser Liste abweichen.
Quellen am Ende der Tabelle.
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Hier die Tabelle zum Dowload:
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