Salicylat-Intoleranz: Therapie
Salicylat-Intoleranz: Welche Therapien gibt es?
Die gute Nachricht: Die Symptome können unter Kontrolle gebracht werden. Dadurch ergibt sich mit der Zeit oft eine verbesserte Toleranz für Salicylate. Laut Prof. Dr. med. Baenkler erholen sich die Schleimhäute und sind dann weniger schnell reizbar. Prof. Baenkler gibt aber auch an, dass durch die genetischen Faktoren meistens keine vollständige Heilung möglich ist (ausser die Salicylat-Intoleranz tritt als sekundäre Erscheinung einer Infektion auf). Mir persönlich sind bisher leider keine Fälle bekannt, in denen sich jemand komplett heilen konnte. Allerdings habe ich bisher nur mit Menschen zu tun gehabt, die schwere Symptome haben. Im Alter gehen die Symptome tendentiell zurück. Bereite dich auf eine langsame Reise vor, die viel Geduld, Selbstfürsorge und Disziplin erfordert.
1. Salicylate vermeiden (Karenz)
2. Behandeln mit Medikamenten
3. EPA & Nahrungsergänzungsmittel
4. Adaptive Desaktivierung
5. Quellenangabe
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Salicylate vermeiden (Karenz)
In einem ersten Schritt kannst du die Salicylate reduzieren, denen du ausgesetzt bist. Symptome entstehen bei der Salicylat-Intoleranz durch den Summationseffekt: Je mehr Salicylate in deinen Körper kommen, desto stärker werden die Symptome. Um die Salicylate in deinem Leben zu reduzieren, studiere die Seite "Umstellung". Das Auslassen von Salicylaten ist die effizienteste und schnellste Methode, mit der du eine Besserung deiner Symptome erreichen kannst (2, 23). Ich möchte hier nochmals darauf hinweisen, dass die Karenz (das Auslassen) nur funktioniert, wenn du alle Salicylatquellen identifizierst und kontrollierst.
Bitte besprich diese Umstellung mit einer Ärzt:in, Therapeut:in oder Ernährungsberater:in, die sich mit der Thematik gut auskennt, v.a. wenn du deine Medikamente umstellen möchtest.
Behandlung mit Medikamenten
Im Notfall: Bei starken Schüben können Glukokortikoide wie Prednisolon (Kortisonpräparat) eingesetzt werden. Diese verhindern, dass Arachidonsäure aus den Zellmembranen freigesetzt wird (hemmen Phospholipase). Wegen den schweren Nebenwirkungen bei einer Einnahme von mehr als 1 – 2 Wochen, dürfen diese nicht über längere Zeiträume eingesetzt werden. Sie sind jedoch ein sehr effizientes Mittel für den Notfall.
Für Symptome in den Atemwegen: Montelukast ist das führende Anti-Asthma-Mittel, das direkt die Leukotriene hemmt. Es hilft bei Symptomen der Atemwege, aber deutlich weniger bei Symptomen im Darm (andere Rezeptoren). Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen: Montelukast hatte bei mir keinen spürbaren Effekt auf die Symptome im Darm, die bei mir dominant sind. Alternativ gäbe es noch Zafirlukast und Pranlukast.
WARNUNG: In den USA gab die FDA eine verschärfte Warnung für die Verwendung von Montelukast raus. Die beobachteten Probleme umfassen: Agitiertheit einschließlich aggressiven oder feindseligen Verhaltens, Aufmerksamkeitsprobleme, lebhafte Träume oder Alpträume, Depression, Desorientierung oder Verwirrung, Ängstlichkeit, Halluzinationen, Reizbarkeit, Gedächtnisprobleme, obsessiv-zwanghafte Symptome, Ruhelosigkeit, Schlafwandeln, Stottern, suizidale Gedanken und Handlungen, Tremor, Schlafstörungen oder unkontrollierte Bewegungen. Siehe hier zwei Meldungen dazu: FDA Statement, Pharmazeutische Zeitung (Deutsch).
Für Symptome im Darm: Antihistamin kann helfen, die Mastzellen-Kaskade etwas zu bremsen. Das können H1- oder H2-Antihistaminika sein (unterschiedliche Rezeptoren). Ich persönlich habe gute Erfahrung mit Fexofenadin (H1) und Famotidin (H2) gemacht. Desloratadin und Ketotifen wird von Betroffenen oft als hilfreich genannt. Ich lasse meine Antihistaminika ohne Zusatzstoffe von einer Apotheke herstellen. Es lohnt sich hier Zeit zu investieren und mehrere Optionen durchzuprobieren, bis du ein passendes Produkt findest (individuelle Verträglichkeit). Bei mir funktionierte beispielsweise erst das fünfte Antihistamin, das ich ausprobierte. Pass auf mit den Zusatzstoffen, Farbstoffen und Füllmitteln.
Mastzellstabilisatoren: Das Anti-Histamin Ketotifen entwickelt nach Einnahme über mehrere Monate eine mastzellstabilisierende Wirkung. Ketotifen kann Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Gewichtszunahme haben (für mich war es deshalb nicht verträglich, aber das kann bei dir anders sein). Cromoglicinsäure und Quercetin sind bei Salicylat-Intoleranz problematisch und können die Symptome verschlimmern. Mastzellstabilisatoren die aus Kräutern, Pilzen oder Rinden gewonnen werden, können wegen dem enthaltenen Salicylat für Symptome sorgen.
Monoklonale Antikörper (Biologicals): Diese sind sehr teuer und werden deshalb nur selten verschrieben (nur wenn sehr starke Symptome vorhanden sind). Beispiele sind: Dupilumab (Dupixent), Omalizumab (Xolair), Mepolizumab (Nucala®), Reslizumab (Cinqaero) und Benralizumab (Fasenra).
Speziell zu der Wirksamkeit von Omalizumab (Xolair) finden sich zahlreiche Studie, in denen der Stoff die NSAID-Intoleranz (NERD) stark reduziert und sogar teilweise aufhebt (1, 2, 3, 4, 5, 6). Unklar ist, ob das auch auf Salicylat-Intoleranz mit Schwerpunkt der Beschwerden im Magendarm-Bereich zutrifft.
Kräutermedizin: Kräuter und weitere Mittel aus der Naturheilkunde sind bei Salicylat-Intoleranz schwierig anzuwenden, weil sie in den meisten Fällen wahrscheinlich viel Salicylat enthalten. Leider gibt es bisher keine Studien, die Heilkräuter auf Salicylat untersucht haben, und es wurden meines Wissens noch keine Kräuter zur Behandlung untersucht.
EPA und Nahrungsergänzungsmittel
EPA (Omega 3 / Fischöl) hat einen positiven Effekt bei Salicylat-Intoleranz. EPA (eine essentielle Fettsäure) steht mit der Arachidonsäure in Konkurrenz um das COX- und LOX-Enzym, wobei durch EPA anti-entzündliche Mediatoren gebildet werden. Ich verwende das Fischöl von Carlson ohne Zusatzstoffe und dieses Produkt von Kori, (Bei Kori Qualität von einem externen Labor bestätigt). Eine Studie (hier) zeigt eine hervorragende Wirkung des Fischöls, die aber nur während der Einnahme anhält. Nach der Absetzung kehrten die Symptome unvermindert zurück.
Vitamin C hat einen mastzellstabilisierenden Effekt und beschleunigt den Histamin abbau. Ich empfehle das Produkt von Histameany (ich nehme rund 1 – 2 gramm täglich). Dr. Raithel empfiehlt neben oralem Vitamin C auch intravenöses Vitamin C von 0,5 - 7.5g. Achtung: Manche Betroffene reagieren auch auf organische Säuren (aufgrund der Strukturverwandheit). Da Ascorbinsäure eine organische Säure ist, solltest du erst tiefe Dosierungen testen und dann langsam steigern. Dazu kannst du Kapseln öffnen oder du kaufst Vitamin C in Pulverform (mit Dosierlöffel). Auf der Seite Umstellung findest du ausserdem die Vitamin-C-Formen, welche verträglicher sind.
Magnesium ist wichtig, da ein Magnesium-Mangel zu Histaminose führt, weil die DAO-Aktivität abnimmt. Salicylat-Intoleranz führt zu Mastzell-Aktivierung, weshalb es für Betroffene wichtig ist, den Histaminabbau zu fördern. Ich persönlich empfehle je nach Verträglichkeit 250 - 500mg täglich auf mehrere Einheiten verteilt (ich nehme 6x 62.5mg). Oft ist Magnesium-Glycinat verträglich. Citrat (Histamin-Liberator) solltest du nicht verwenden. Testen kannst du auch Magnesium-Malat, Magnesium-Gluconat, Magnesium-Chlorid, Magnesium-Threonat oder Magnesium-Oxid. Das Supplement sollte keine Zusatzstoffe enthalten. Ich nehme das von Histameany.
Glycin wird bei akuter Überdosierung von Aspirin eingesetzt, um den Salicylatgehalt im Körper zu senken (Studie, Studie). Bei einigen Betroffenen hat dieses Supplement eine hervorragende Wirkung. Weiter ist es auch günstig und kann bei Protein-Shops als reines Pulver gekauft werden. Für die Schweiz: Hier, hier oder hier mit Vitamin B6.
Adaptive Desaktivierung
Bei der adaptiven Desaktivierung wird über einen längeren Zeitraum (min. 6 - 12 Monate) täglich Acetyl-Salicylsäure eingenommen. Die Menge wird dabei stetig gesteigert. Weil die Behandlung nur dann erfolgreich ist, wenn möglichst keine Unterbrüche stattfinden, muss der Gesundheitszustand und die Lebensumstände einer Patient:in für die Durchführung genügend stabil sein. Wenn eine Beruhigung der Reaktionen einsetzt, kann die Einnahme von Acetyl-Salicylsäure langsam abgebaut werden. Der Vorgang ist vergleichbar mit einer Desensibilisierung bei einer IgE-Allergie, wie z.B. bei einer Pollenallergie.
Laut Prof. Dr. Baenkler erzielt diese Therapie bei Asthma und Rhinitis in 2 von 3 Fällen gute Ergebnisse. Leider ist sie aber weniger Wirksam bei Symptomen im Magen-Darm-Trakt. Obwohl bei mir Asthma bei grossen Mengen Salicylat auch vorkommt, habe ich vor allem Symptome im Verdauungssystem. Dr. Raithel warnt: "Problematisch für alle gastrointestinalen Patientengruppen ist, dass eine kontinuierliche Verabreichung von Salicylaten u.a. die Darmbarriere ungünstig verändert." Er schreibt weiter, dass Reflux, Kolitis und Allergiereaktionen deshalb zunehmen können. Deshalb habe ich diese Therapie nicht durchgeführt und kann keine persönlichen Erfahrungen teilen. Hier einige weiterführende Artikel dazu:
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Artikel auf Samter-Trias.de
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Artikel auf histameany.de
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Artikel im Ärzte-Blatt
5. Quellenangabe:
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Baenkler HW. Salicylatintoleranz: Pathophysiologie, klinisches Spektrum, Diagnostik und Therapie 2008 Deutsches Ärzteblatt. 105(8): 137-42. Link
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Gajewska D, Gosa P, Kęszycka PK. Dietary Intervention Effectiveness, Clinical Outcomes and Nutrient and Salicylate Intakes in Older Adults Living in Long-Term Care Homes: The Results from the Senior's Plate Project. Nutrients. 2022 Feb 18;14(4):871. Link
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